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Dr. Robert Honstetter, Salem:

 

Laudatio zur Ausstellung "matthias keller: irrlicht und schattenbilder"

 

 

Tettnang, Galerie im Schlosspark, 14. Februar 2016

 

 

Untersuchungen haben ergeben, dass der Besucher eines Kunstmuseums ein Bild im Durchschnitt nur für wenige Sekunden betrachtet. Seine Augen tasten dabei vier bis fünf Stellen ab, dann geht er zum nächsten Bild über. Nun könnte man über das Zustandekommen einer solchen Statistik trefflich streiten. Bei den Bildern dieser Ausstellung aber - das kann ich Ihnen versichern - wird es Ihnen anders ergehen: Die vier oder fünf Stellen, die Sie beim Erstkontakt mit dem Bild in den Blick nehmen, werden Ihnen nicht erlauben, sie schnell zu einem stimmigen, widerspruchsfreien Bildeindruck zusammenzufügen, der Sie flott zum nächsten Exponat weiterziehen lässt. Hier begegnen Ihnen Orte, Gestalten, Gegenstände und Situationen, die in rätselhafter Beziehung zueinanderstehen. Matthias Kellers Bilder überraschen uns, verstören uns. Sie stellen uns vor Fragen und fordern uns heraus, darauf Antworten zu finden.

 

Nehmen wir das eine der beiden Bilder hier im Foyer. Wir schauen im Treppenhaus eines modernen, seltsam unwirklichen Gebäudes steil empor. Mit uns tut dies auch eine männliche Gestalt, die sich am Fuß einer steilen Treppe befindet. Fenster, die sich perspektivisch stark verjüngen, eine zweite luftige Treppe und eine schräg gesetzte elliptische Betonstruktur ziehen uns in einem starken Sog aufwärts, himmelwärts; wir schauen senkrecht hinauf in einen heiteren Himmel - und sind verblüfft: Kein Dach versperrt uns den Blick. Wir erhoffen uns einen Hinweis vom Bildtitel und lesen stairway to heaven. Heaven heißt es da, nicht etwa sky. Sollte es in dem Bild um eine religiöse Thematik gehen? Mir fiel beim Lesen des Titels ein oft aufgegriffenes Thema der religiösen Kunst ein: Jakobs Traum von der Himmelsleiter. Doch bei Kellers Himmelsleiter fehlt der unten schlafende Jakob. Ich sehe keine Engel, die auf der Leiter auf- und absteigen, und am oberen Ende vermisse ich die Himmelspforte. Ich dachte auch an die Kuppeln barocker Kirchen wie der Weingartener Basilika, in denen wir von ganz unten staunend emporschauen in einen von Patriarchen, Propheten und Heiligen bevölkerten Himmel, in dessen Zenit uns die Dreifaltigkeit erwartet. Nichts davon stellt uns Matthias Keller in Aussicht. Negiert er hier etwa jegliche religiöse Transzendenz? Oder pocht er im Gegenteil gerade auf einen metaphysischen Sehnsuchtsort, den wir uns sozusagen selbst ausmalen können, ein jeder nach seinen Vorstellungen? ­

 

Solche Fragen sind es, mit denen uns Matthias Keller alleine lässt. Er ist selbst ein Fragender, ein Suchender und kein Belehrender – und eben dies macht seine Kunst so inspirierend. Diese rätselhaften Bilder bergen keine Botschaft, die für jeden Menschen und alle Zeiten Gültigkeit beanspruchen. Es sind Denkanstöße oder Stolpersteine. Sie sind die Einladung zu einem Spaziergang, dessen Ziel der Spaziergang selbst ist. Und so lade ich Sie ein, mit offenen Augen und wachem Herzen auf Ihrem eigenen Spaziergang durch diese Bilder Ihre ganz persönlichen Entdeckungen zu machen.

 

Dass die Bilder von Matthias Keller den Betrachter so machtvoll in ihren Bann ziehen, das liegt aber erst in zweiter Linie an der Überraschung oder Verstörung, den die Szenen und Perspektiven in uns auslösen, welche unserer Alltagserfahrung und unseren Sehgewohnheiten zuwiderlaufen. Bevor unsere Ratio das Abgebildete auf seine logische Stimmigkeit, auf seinen Wahrheitsgehalt überprüft hat, hat unsere Aisthesis, unsere sinnliche Wahrnehmungkraft, ihr Urteil bereits gefällt. Sie sagt ja zur formalen Qualität der Bilder und macht Lust, uns damit auch inhaltlich auseinanderzusetzen.

 

Matthias Kellers Bilder verführen durch ihre künstlerische Virtuosität: eine expressive Farbigkeit, die strahlend und kraftvoll daherkommt und zugleich feinste, fließende Tonabstufungen kennt. Räumliche Tiefe wird fassbar, auch wenn die Regeln der Perspektive vielfach gebrochen werden. Die einzelnen Bildteile schweben in harmonischem Gleichgewicht, obschon die dargestellte Welt aus eben diesem Gleichgewicht geraten ist: schwankende Häuser, zu Trümmerbergen aufgetürmte Architekturelemente und Räume, in denen ein heilloses Durcheinander von Chaos und Endzeit zu künden scheint. Kurz: Es ist Matthias Kellers brillante Beherrschung der künstlerischen Register, die so mächtig auf den Betrachter einwirken kann – ob in den großformatigen Acrylbildern oder den Graphitzeichnungen, die hier in drei Mappen und im ersten Raum präsentiert werden.

 

Matthias Kellers Zeichnungen sind keine Vorstudien zu den Gemälden. Es sind eigenständige Werke, in denen sich sowohl das Nebeneinander von Abstraktion und Figuration manifestiert als auch einige der Themen anklingen, um die Matthias Kellers Acrylbilder kreisen. Die streng in Reih und Glied präsentierten Zeichnungen der Serie novemberblues gaukeln uns jene ordnende Systematik vor, mit der wir Menschen versuchen, der Welt der Phänomene habhaft zu werden: wir kategorisieren, systematisieren, hierarchisieren. Und glauben, den Dingen so einen Sinn abtrotzen zu können. Als Betrachter der Bilder glauben wir, in diesen Schattenrissen Objekte zu erahnen, vielleicht einen Stuhl, eine Vase, eine menschliche Gestalt. Aber die Dinge bleiben schemenhaft und flüchtig wie Wolken. Sie überlagern sich, ohne sich zu verdecken. Sie überschneiden und durchdringen sich. Unser Auge und unser Gehirn mühen sich erfolglos damit ab sie zu erfassen.

 

Die Menschen aus der Serie jazz dagegen, die Matthias Keller daneben arrangiert hat, haben sich anscheinend nicht in ein starres formales Muster hinein pressen lassen: Sie hängen sozusagen außer Rand und Band. Wir sehen sie in surrealen Handlungszusammenhängen. Ganz oben und ganz unten schweben drei meisterhaft gezeichnete Akte schwerelos um die surrealen Szenerien. Zwei von ihnen strecken in sehnsüchtiger Bemühung die Hände aus nach diesen Bruchstücken der Welt. Die dritte Gestalt bleibt regungslos und kontemplativ. Wir sehen vor uns den Urzustand des Menschen, die Conditio humana, wie sie die Philosophie des 20. Jahrhunderts gesehen hat. Der Mensch sucht die Welt zu fassen zu bekommen, er will sie be-greifen. Aber diese verzweifelten Versuche, sich die umgebende Welt anzueignen, sind erfolglos. Sind dies Metaphern für den Sinn suchenden Menschen der Moderne, dem Gott abhanden-gekommen ist? Er sieht sich in die Welt geworfen und zur Freiheit und Selbstverantwortung berufen oder verdammt. Ist dies der Mensch, der sich bei Albert Camus der Absurdität seiner Existenz bewusst wird, wie er uns in dem Essay Der Mythos des Sisyphus begegnet?

 

In der Tat finden wir Camus‘ Sisyphus im Bild jeux dangereux III gleich dreimal. Drei Männer schieben, schleppen oder tragen mühsam eine Last vom Fleck. Sie stecken inmitten umstürzender Häuser, wo die Perspektiven und Proportionen soweit geplatzt sind, dass sich nicht sagen lässt, ob die Gestalten eher bergan oder bergab gehen. Vielleicht gehen sie auch im Kreis, kreisen ewig ziellos um sich selbst, ohne jemals voranzukommen. Immer wenn Camus‘ Held den Gipfel erreicht und sein Fels wieder bergab rollt, folgt er ihm und wird sich der Absurdität seines Tuns, ja seiner Existenz bewusst: auf diesem Weg hinab triumphiert er über das Absurde und erlangt seine Freiheit. In diesen Momenten stellt Camus ihn sich glücklich vor. Kellers Sisyphusse dagegen erreichen nie einen solchen Gipfel der Umkehr, der ihnen die Chance böte, sich ihrer Lage bewusst zu werden. Tief gebeugt schreiten sie voran, die Augen stets zum Boden gewandt. Menschen im Hamsterrad. Sie bemerken nicht, dass ihre Welt am oberen Bildrand endet, wo hinter einer Glaswand eine andere Sphäre beginnt. Dort sind keine Häuserruinen zu sehen und keine Spuren der Auflösung. Was birgt jene ferne lichtdurchflutete Sphäre? Vielleicht können Sie ja diese Leerstelle für sich füllen?

 

Möglicherweise haben Sie bisher den Eindruck gewonnen, dass Matthias Keller in seinen Bildern eine hoffnungslos pessimistische Weltsicht präsentiert. Dieser Eindruck täuscht. Wir sehen hier keine apokalyptischen Endzeitvisionen, sondern eine Welt, die stetig im Fluss ist: Panta rhei (alles fließt) betitelt der Künstler eine seiner Zeichnungsserien. Unsere Welt sieht er in ständiger Metamorphose; eine Bewertung ihres jeweiligen Zustandes impliziert dies nicht per se.

 

Die zeitliche, möglicherweise tröstliche Dimension dieser steten Transformation der Welt zeigen uns die Bilder der Naica-Serie. Sie ist benannt nach einer mexikanischen Höhle mit zahllosen, bis zu 15 Meter hohen Kristallsäulen, die aussehen, als stammten sie aus Jules Vernes Reise zum Mittelpunkt der Erde. Diese Gebilde, die in Jahrmillionen wie versteinertes Eis entstanden sind, durchdringen in naica I in verführerisch schöner Vielfarbigkeit das Eingangsfoyer eines modernen Gebäudes, vielleicht einer Bank oder eines Kulturzentrums. In naica II bilden dieselben Kristallstelen ein buntes Gebälk gigantischen Ausmaßes, das ein Bauklötzchendorf überspannt, welches noch nach Jahrmillionen von unserer heutigen Existenz zeugen wird. Die Welt ist schön und geht auch ohne uns weiter. Unsere Zeit ist ein Wimpernschlag angesichts der Ewigkeit.

 

Als Matthias Keller zum ersten Mal ein Foto von der Naica-Höhle sah, hat es sich ihm tief eingeprägt. Immer wieder durchzuckte es wie ein Irrlicht seine Gedanken, bis es sich in einer phantastischen Metamorphose zum Motiv der Naica-Serie entpuppte. Solche Irrlichter kennen wir alle, doch wir schenken ihnen keine Beachtung und wischen sie wie lästige Fliegen fort aus unseren Gedanken. Dem Künstler Matthias Keller aber sind sie Nährstoff seiner Imagination. Er verknüpft sie mit Anderem, mit Heterogenem, er formt sie, kombiniert sie, arrangiert sie, lässt sie sich entwickeln. Dann schenkt er ihnen in veränderter Gestalt ein neues Leben in einem seiner Bilder. Solche Irrlichter sammelt Matthias Keller in einem Fundus, wo sie auf ihre Erweckung warten. Irrlichter waren einst auch die riesigen Vergrößerungslinsen, die umgekippten Stühle oder auch die absurden Treppen, die mal als Hauptmotiv, mal als Accessoire in seinen Bildern wiederkehren. Irrlicht und Schattenbilder lautet der Titel dieser Ausstellung und zwei Bilder darin tragen ebenfalls diesen Titel. Wie das Motiv des Irrlichts ist auch das des Schattens vielfach in diesen Bildern zu finden. Es sind keine Schatten, die den Gesetzen der Optik gehorchen, es sind Schatten, die von Ereignissen und Begegnungen auf unser Denken und Fühlen geworfen werden und es beeinflussen, sozusagen überschatten.

 

Damit sind wir bei einer für Kellers Kunst wesentlichen Dimension, dem Imaginären. Die Szenerien, die uns in diesen Bildern begegnen, sind uns aus unseren Träumen vertraut: seltsam verfremdete, verzerrte und doch vertraut anmutende Räume, Szenen und Personen. Unvereinbares fügt sich im Traum zusammen, Gegenstände und Menschen verformen sich, die Zeit ist kein langer, ruhiger Fluss mehr, sie schrumpft oder dehnt sich, Ungleichzeitiges wird vereinbar, Ängste und Sehnsüchte werden ausgelebt.

 

Solche utopischen Konstellationen, solche surrealen Bewusstseinsformen prägen besonders die Werkgruppe, in der sich Keller mit seiner eigenen künstlerischen Positionierung befasst. In nightmare (Albtraum) sehen wir den Künstler samt Staffelei wie Ikarus oder Phaëton vom Himmel stürzen, jene mythischen Prototypen der Hybris. Unten, auf dem Boden liegen seine Hoffnungen auf einen künstlerischen Durchbruch in Trümmern. Und der Künstler selbst stellt sich in Büßerhaltung dem Urteil eines Tribunals: Die Kunstszene sitzt hier in Gestalt jener Nachtschwärmer über ihn zu Gericht, welche Edward Hoppers Meisterwerk nighthawks entsprungen sind. Auch in anderen Werken reflektiert Matthias Keller ironisch-distanziert seinen Platz oder sollte ich sagen: seinen Rang in der Kunstgeschichte. Wir finden sein Über-Ich in Bildzitaten von Mondrian, Courbet und David Hockney. Mit einem gehörigen Maß an Selbstironie zeigt uns Matthias Keller seine Demut angesichts der Übermacht dieser bewunderten Meister. Besonders deutlich wird dies im Bild the jugde doesn’t lie. Während Gerhard Richter in Rückansicht an einem Bild arbeitet, wälzt sich ein Mann, vermutlich der Künstler, in ohnmächtigem Schreikrampf am Boden. The jugde doesn’t lie ist ein doppeldeutiger Titel: Das Urteil des Gerhard Richter lügt nicht, oder: Richter geht nicht zu Boden, er steht – wie ein Denkmal.

 

Den persönlichsten und zugleich komplexesten Einblick in sein Kunstschaffen gewährt uns Matthias Keller, wie mir scheint, in desierto. Wir blicken in ein fensterloses Studierzimmer, an dessen Wänden rundum prall gefüllte Bücherregale stehen. Auch auf dem Boden stapeln sich Bücher, Mappen und Akten. Wir sehen den Arbeitsplatz eines Forschers, das Reich eines berufsmäßigen Weltverstehers, eines Mannes, der es sich zur Aufgabe gemacht hat herauszufinden, was die Welt im Innersten zusammenhält. Dazwischen sind überdimensionierte Vergrößerungslinsen an Messinggestängen befestigt und dienen wohl diesem unstillbaren Erkenntnisdurst. Auf ihnen spiegelt sich, verzerrt durch die Krümmung der Linsen, der Raum hinter dem Betrachter: Er ist verlassen und  menschenleer wie das Studierzimmer. Wo ist der Bewohner des Zimmers geblieben?

 

Rechts blicken wir durch einen Türrahmen in eine lange Zimmerflucht, deren Türen offen stehen und das helle Licht der Außenwelt hereinlassen. Suchen wir bei der Erforschung der Welt nicht eigentlich uns selbst? Ist der Forscher hinaus in die Sphäre des Lichts gegangen, um wie ein zweiter Faust mehr über sich zu erfahren, als all das Wissen ihm verraten kann, das Generationen von Forschern in diesen Buchkonserven zusammengetragen haben?

 

Das einzige Zeugnis der Außenwelt in diesem Studio ist ein kleines Bild von einer Wüstenlandschaft, das über der geöffneten Zimmertür hängt. Der spanische Bildtitel desierto weist uns in diese Richtung. „Wüste“ bedeutet er, aber auch „verlassen, menschenleer“. Dürfen wir hierin einen Hinweis auf eine weitere Bewusstseinsebene sehen, aus der Matthias Keller Kraft und Inspiration als Künstler und als Mensch schöpft, die Meditation? Die Wüste als der Ort, wo der Mensch, abgeschirmt vor dem Getriebe der Welt, zu sich finden kann. Ein Ort, den philosophische und religiöse Eremiten seit Jahrtausenden suchen. Neben der Realität, dem Traum und der Kunst wäre dann die Meditation ein weiterer Bewusstseinszustand, mit dem Matthias Keller sich auseinandersetzt.

 

Seit Kurzem sind diesem Bild desierto Flügel gewachsen, denn Matthias Keller hat es zum Triptychon erweitert. Zusammenhanglos und deplatziert könnten die beiden Flügel auf den ersten Blick scheinen. Doch sind sie in Wahrheit aufs Engste mit dem Mittelbild verknüpft. Sie greifen dessen zwei grundlegenden Formprinzipien auf: die Gerade, die sich als Parallelen aufreihen, ordnen und zu übersichtlichen Strukturen und Systemen aufbauen lässt. Und andererseits das Runde, Ovale und Gewölbte, das sich selbst genügt und sich nicht der Geraden fügen will, wie das Paradox der Quadratur des Kreises lehrt. Wie die verzerrenden Linsen im Bild gestaltet diese Kraft das Abbild der Welt in wilder, schöpferischer, ja eruptiver Freiheit. Es sind die Prinzipien des Apollinischen und des Dionysischen, die hier als Flügel aus dem Mittelbild zum Vorschein treten. Es ist Nietzsches widersprüchliches und zugleich komplementäres Paar der schöpferischen Kräfte, die erst im Zusammenspiel wahre Kunst hervorzubringen vermögen. Und diese beiden Grundkräfte, die seine Kreativität antreiben, stellt uns Matthias Keller vor: einerseits das Rationale, Ordnende und analytisch Trennende, das der Erkenntnis dient. Andererseits das sinnliche, irrationale, lustvolle Erleben der Welt, das „göttliche Trunkenheit“ ermöglicht, wie Schlegel es formuliert hat. Dem fügt Keller ein drittes Prinzip hinzu, das er als unverzichtbare Quelle seiner Schaffenskraft erfahren hat: den zeitweiligen Rückzug in sich selbst in der Meditation. Darauf verweisen die Supraporte und das emblematische, mit Sand gefüllte Glas auf dem Fußboden.

 

Nun bin ich lange bei diesem prächtigen, vielschichtigen Bild verharrt, das für mich den Charakter eines Manifests des Künstlers und auch des Menschen Matthias Keller trägt. Es ist von solcher Dichte und von solcher Tiefe, dass es als ein Höhepunkt in seinem Werk anzusehen ist, welches auf mehrere Jahrzehnte künstlerischer Entwicklung zurückblicken kann. Für die reiche Werkliste des Künstlers, seine Biographie, die lange Liste seiner Ausstellungen im In- und Ausland, seiner Nominierungen und gewonnenen Preise verweise ich Sie auf den Katalog, den ich Ihnen sehr empfehle. Er wird ihnen erlauben, sich immer wieder mit den erstaunlichen Bildern eines Künstlers von überregionalem Rang auseinanderzusetzen.

 

Zum Schluss möchte ich Ihnen meinerseits ein Irrlicht ins Gedächtnis einpflanzen, das Sie an diese Ausstellung und Matthias Kellers Selbstbild als Künstler erinnern soll. Ich wähle hierfür das zweite Bild im Foyer, den wolkenträger. In einer Welt, die ihr Heil im Errichten von Symbolen der Stabilität sucht, welche vermeintlich die Zeiten überdauern und in ihrer babylonischen Hybris noch die höchsten Berggipfel herausfordern, versteht sich der Künstler als Wolkenträger, der die Fragilität menschlichen Daseins erkennt und annimmt: Er geht dem Flüchtigen, dem Zarten und kaum Fassbaren nach - den Träumen, den Ideen, den Visionen und Albträumen, dem Geistigen und dem Spirituellen, dem Schönen und der Kunst, die uns erst zu dem machen, was wir sind: zu Menschen.

 

Ich wünsche Ihnen, dass Ihnen die Irrlichter, Schattenbilder und Wolken von Matthias Keller ebenso viel ästhetische Lust und Inspiration schenken wie mir.

Vielen Dank.

 

 

 

 

© Dr. Robert Honstetter

 

 

 

 

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